Wiebauin
Wiederverwendung von Baumaterialien innovativ

Förderer: BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung FONA, Leitinitiative Zukunftsstadt, Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus Fördersumme: ca. 1,5 Mio. Euro Projektdauer: 01.10.2018 – 30.09.2023 Partner: TU Darmstadt (Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, Fachgebiet Landmanagement, Fachgebiet Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft), Landkreis Darmstadt-Dieburg, Gemeide Otzberg, Gemeinde Münster (Hessen), Wissenschaftsstadt Darmstadt

Wiebauin

wiebauin – Wiederverwendung von Baumaterialien innovativ

Baumaterialien und ihre Rohstoffe werden zumeist im ländlichen Raum gewonnen und produziert. Die Nutzung dieser Bauprodukte erfolgt vorwiegend in den Städten. Bei Abbruch anfallende Baustoffe werden in der Regel wieder im Umland auf Deponien gelagert, sofern eine Wiederverwendung oder –verwertung nicht möglich ist. So gelangen ca. elf Prozent der deutschen Bau- und Abbruchabfälle auf Deponien. Dies führt zu einer Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen in Form von Rohstoffen und Landfläche, ohne dass dafür ein nachhaltiger Ausgleich zugunsten ländlicher Regionen erfolgt.

Gleichzeitig existiert auf dem Lande ein weiteres gravierendes Problem: Die fehlende Nachfrage nach Bestandsgebäuden (z. B. landwirtschaftliche Anwesen), mangelnde Instandhaltung oder Maßnahmen der Innenentwicklung führen häufig zum unvermeidlichen Abbruch älterer Bausbstanz in den Ortszentren – bei gleichzeitigem Flächenwachstum an den Ortsrändern durch neuerschlossene Baugebiete. Auch hier wird die Ressource ‚Land' in großem Maße in Anspruch genommen und v. a. landwirtschaftliche Böden unwiederbringlich zerstört.

Eine teilweise Wiederverwendung von Baumaterialien aus Abbruchgebäuden kann in zweierlei Hinsicht Abhilfe schaffen und zu einer nachhaltigen Ortsentwicklung beitragen:

Nicht mehr nutzbare Gebäude stellen ein Potenzial dar und könnten als Quelle für wiederverwendbare Baumaterialien und –stoffe dienen, um zum ressourcenschonenden Umgang mit Wertstoffen beizutragen. Freiwerdende Grundstücke im Ortskern könnten dank Maßnahmen der Innenentwicklung einer neuen Nutzung zugeführt werden, wodurch neue Baugebietsflächen im Außenbereich eingespart werden könnten.

Daher werden im Rahmen des Forschungsprojektes WIE.BAU.IN neue Herangehensweisen und Instrumente entwickelt, um das Stoffstromsystem der Baumaterialien zwischen Stadt und Land zum beiderseitigen ökologischen und ökonomischen Vorteil zu gestalten. Die Erhöhung des Anteils an Sekundärrohstoffen in der Bauwirtschaft hat letztlich auch einen direkten Effekt auf die Region, da Flächen für die Neugewinnung v. a. mineralischer Baustoffe, z. B. Kies- oder Tongruben, reduziert werden könnten. Dies bedeutet auch eine effizientere Nutzung der vorhandenen Deponieflächen. Die Ressource ,Land' wird somit in mehrfacher Hinsicht geschont.

Der Begriff der Wiederverwendung umfasst die erneute Nutzung von Baustoffen oder -elementen, also beispielsweise die Verwendung einer Wohnungstür aus einem historischen Gebäude in einem Neubau oder bei der Sanierung eines Gebäudes. Historische Holztüren oder Bodendielen, wie sie in Baumärkten nicht mehr zu finden sind, können auf diese Weise im Neubau einen neuen Lebenszyklus beginnen. Auch Baumaterialien wie alte Pflastersteine, Mauersteine, Fliesen, Dachziegel oder gut erhaltene Holzbalken landen oftmals auf Deponien, obwohl ihre Wiederverwendung ohne Weiteres möglich wäre.

WIE.BAU.IN erforscht Grundlagen, Methoden und Lösungen zur Etablierung einer regionalen Kreislaufwirtschaft für Baumaterialien, die dazu beitragen, natürliche Ressourcen und das Klima zu schonen, die örtliche Baukultur zu erhalten und eine nachhaltigere Ortsentwicklung zu ermöglichen.

Das Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung identifiziert im Rahmen des Forschungsprojektes in der ersten Projektphase Bauprodukte, welche im Gebäudebestand der Projektgemeinden Münster (Hessen) und Otzberg vorhanden sind. Darauf aufbauend erstellen die beteiligten Fachgebiete eine Modellierung der Stoffströme sowie ein Geschäftsmodell für die mögliche regionale Vermarktung von zur Wiederverwendung geeigneten Bauprodukten.

Entwerfen und Stadtentwicklung erarbeitet ferner ein kombiniertes Weiterbildungspaket für Bauherren, Planer und Handwerksbetriebe, bestehend aus einem Kalkulator-Tool zur Ermittlung wiederverwendbarer Baustoffe sowie Leitfäden zur Unterstützung von Immobilieneigentümern, Bauherren, Planern und Handwerkern. In der zweiten Projektphase wird das Fachgebiet die fachliche Beratung von Bauherren und Architekten vor Ort in Bezug auf das Bauen mit gebrauchten Bauprodukten durchführen.